Neues aus Südafrika: Die jungen Wilden vom Zoo Cru

Südafrikas Wein- und Gastrolandschaft ist eine der dynamischsten weltweit und ein Sehnsuchtsort für Weinkulinariker. Darüber habe ich zuletzt ausführlich in WW 03/22 berichtet. Denn das Angebot am Kap ist schlicht atemberaubend. Das erfahre ich jedes Jahr aufs Neue bei meinen Weinreisen. Zudem berichte ich regelmäßig neben den klassischen Gebieten wie Stellenbosch mit Ikonen wie Kanonkop und 4G, Franschhoek (Mullineux, Boekenhoutskloof) und Constantia auch über die Top-Winzer im weniger frequentierten Hemel-en-Aarde-Tal, wo einige der besten Pinots und Chardonnays des Landes produziert werden (siehe WW 07/17 und 02/21). Anlässlich der hervorragend organisierten Cape Wine International Wine Trade Show («Cape Wines») konnte ich nunmehr weitere spannende Weingüter kennenlernen.

Die Cape Wines findet alle drei Jahre statt und hatte nach dem ganzen Covid-Debakel eine ganz besondere Bedeutung. Entsprechend positiv aufgeladen war die Stimmung. Der südafrikanische Weinverband «WOSA» und deren Winzer fuhren mächtig auf und verwöhnten die internationalen Journalisten mit einem individuell abgestimmten Rahmenprogramm. Spezielle Themenverkostungen, Vorträge zu Terroir und Klima, Winzerbesuche und Dinners in ausgefallenen Locations wie auf Ernie Els fantastischer Terrasse mit grandiosem Panoramablick, einem stillgelegten Tunnel oder im MOCAA Zeitz Museum – ein vom Ex-Puma-Chef gegründetes Kunstmuseum. Dazu Blindproben wie im Hemel- en-Aarde-Tal im schönen Ambiente von Creation mit den besten Chardonnays und Pinot Noirs sowie Masterclasses über die südafrikanische Paradesorte Pinotage. Zusammen mit den geplanten Verkostungen aus meiner im Januar stattfindenden Wein- und Gourmetreise werde ich nach und nach über ausgewählte Tastings und Neuerscheinungen berichten.

The Zoo Cru

Eine der auch optisch herausragenden Entdeckungen war der Stand der sogenannten Zoo Cru-Vereinigung, in der sich einige der jungen Wilden zusammengeschlossen haben. Weingüter wie Crystallum, Momento, Damascene, Hogan, Savage, Thornton & Daughters und Stars wie Chris Alheit ziehen hier an einem Strang. Merken Sie sich diese Namen, denn dahinter verbergen sich einige der besten Winzertalente des Landes. Zoo ist dabei übrigens wörtlich gemeint. Der Messestand im Safari-Look ähnelte einem Tierpark. Die Winzer waren entsprechend schrill und bunt mit Leoparden- und Tigerfellen gekleidet. Starwinzer Chris Alheit kam in der Tigerjacke aus Samt und fetter Sonnenbrille. Trotz des Trubels habe ich hier viele ausgezeichnete Weine verkostet und gute Gespräche über alte Reben, über die unterschiedlichen Terroirs (meistens «decomposed granite», also verwitterter Granitboden), den Umgang mit Trockenheit und dem Qualitätsmanagement gekaufter Trauben geführt. Denn viele von den jungen Wilden haben nur zum Teil eigene Weinberge, manche teilen sich einen gemeinsamen Keller. Und dennoch habe ich hier einige der spannendsten Weine der Cape Wine probiert. Für mich war dieser Stand auch ein wenig ein Sinnbild für die positive Energie, Dynamik und Zuversicht, die auf der Cape Wine und vielerorts im Land zu spüren war. Ein Signal des Aufbruchs. Denn das Land wurde vom Covid- bedingten Lockdown hart getroffen. Dazu die angespannten wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen mit einer großen Schere zwischen arm und reich. Umso mehr freut man sich über die gezeigte Gastfreundschaft und den zu spürenden positiven Spirit.


Neben Chenins, Chardonnays und Pinot Noirs, die allgemein zuletzt nochmal an Eleganz, Frische und Finesse zugelegt haben, experimentieren einige Winzer auch mit Syrah, Cabernet Franc und sogar portugiesischen Rebsorten wie etwa Momento. Vor allem die Syrahs überzeugen mit frischer, präzise konturierter Frucht und Finesse statt Wucht und Überreife. Viele dieser Zoo-Cru-Weine stammen von alten Bush-Wines im Bot River und vor allem aus dem Swartland, das ja zurecht einen regelrechten Hype erfahren hat. Zu den weiteren Highlights gehörten die Weine von Chris Alheit, die für mich ein sensationelles Preis-Genuss-Verhältnis haben, wie etwa der samtig-dichte und doch auch mineralisch-salzige Cartology. Besonders empfehlenswert sind die Weine von Damascene von Jean Smit, dem ehemaligen Winemaker von Boekenhoutskloof. Er keltert ungemein feinsinnige und finessenreiche Pinots Noirs und Syrah, die mit zum Besten gehören, was ich aus Südafrika kenne. Die meisten Weine sind bei Hendrik Thomas Wein am Limit zu finden, wenn man schnell zugreift.

Im Hemel-en-Aarde-Tal fielen neben den altbekannten Stars wie Creation, Newton Johnson und Hamilton Russell die grandiosen Chardonnays und Pinots von Restless River und Storm Wines positiv auf.


Ein weiteres Highlight waren die Weine von Rick Kershaw. Der Master of Wine keltert aus eigenen Weinbergen und gekauften Trauben im kühleren Elgin tolle Chardonnays, Pinot Noirs und Syrahs, die Eleganz und Frische betonen. Über diese und weitere Weingüter sowie über grandiose Vertikalen von Eben Sadies Top- Weinen werde ich voraussichtlich in der Ausgabe WW 02/23 oder 03/23 berichten, um die Ergebnisse der geplanten Winzerbesuche der im Januar stattfindenden Wein- und Gourmetreise
einfließen zu lassen. Geplant sind unter anderem Tastings bei Eben Sadie, Crystallum, Mullineux, Creation, Kanonkop, De Toren, Boekenhoutskloof, Jordan sowie 4 G, um nur einige zu nennen. Die privat organisierte Reise findet vom 09.01. bis 16.01.2023 statt (bei Interesse Infos über weinjournalist@yahoo.de).