
Kellers Diamanten: «Rekordpreise für Kabinette»
«Nur mit sehr kleinen Erträgen und mit alten Reben konnte man in 2021 herausragende Weine auf die Flasche bringen», erzählt mir Klaus Peter Keller bei meinem diesjährigen Besuch. Seine grandiose Kollektion bringt Weine hervor, die noch mehr als in anderen Jahrgängen erst mit Reife ihre wahre Größe zeigen. Manche bemühen den Vergleich mit 1996, «da war aber das Verhältnis von Äpfel- zu Weinsäure umge- kehrt proportional zu 2021, wo die Weinsäure 70 % und die Äpfelsäure 30 % beträgt», so Keller. Die Notizen der GG-Kollek- tion, unter anderem mit der grandiosen Abtserde, sind in «Rheinhessen» eingearbeitet. Deswegen hier nur drei Neuigkeiten: So wurde 2021 der «Oberer Hubacker» zurückgeführt auf die ursprüngliche Größe, die seit 1789 im Alleinbesitz der Familie Keller war (siehe Weinnotiz). Beim Spätburgunder geht man immer mehr in Richtung Ganztrauben. Beeindruckend ist der Vergleich zwischen dem 2020er Spätburgunder Réserve mit kleinem und dem «Réserve du Fils» (mit Trauben aus dem Schwarzen Herrgott) mit sehr großem Anteil an Ganztrauben. Letzterer ist viel griffiger mit pfeffrig-pikanten Noten und weniger auf der Fruchtseite. Darauf gehe ich bei den Spätburgundern noch separat ein, insbesondere auf den ultra finessenreichen «Morstein Felix». Und es gibt erstmals eine «Dreier-Kabinett-Kiste», die für einen sensationellen Preis von 2.750€ versteigert wurde. Auch die anderen Kabinette erzielten Rekordpreise
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Weingut Keller / Westhofener Morstein „Felix“ Alte Reben Spätburgunder GG 2020 Spätburgunder Deutschland / Rheinhessen
Beim Spätburgunder setzen die Kellers immer mehr auf Ganztrauben. „Der höhere Anteil bringt etwa 0.5 vol.% weniger Alkohol und ein weiteres halbes Prozent geht bei offener Maischegärung verloren“, erzählt mir Klaus Peter Keller bei der Probe vor Ort. Er macht keine Kaltmazeration, der Schalenkontakt liegt bei 14 bis 15 Tage. Korbpresse, Ausbau in 225 Liter-Fässer. Schon das feinsinnige Bouquet zeigt, dass es hier um die pure Finesse geht. Jedes Jahr dreht man hier weiter an der Finesseschraube. War er im letzten Jahr noch etwas reduktiver, ist der Morstein in diesem Jahr eleganter und gelassener ohne an Komplexität einzubüßen. Im facettenreichen Duft verweben sich ätherisch- kräutrige mit mineralisch-steinigen Noten, dahinter ein hellstrahlende Beerenaromatik, Sauerkirsche und Waldbeeren, dazu gesellen sich ultrafeine florale Noten. Ungemein finessenreich und verspielt, dennoch mit Tiefe, Druck und saftig-konzentriertem Mid-Palate, in diesem Jahr ist die Tanninqualität noch einmal etwas feiner und seidiger, legt sich wie ein Seidenteppich auf der Zunge. Ein in Deutschland ziemlich einmaliger Pinot-Stil.
Trinkempfehlung: 2027 – 2038
Bewertung: 19/20
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Weingut Keller / 2021 Niersteiner Hipping Riesling GG 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
2011 von Franz Karl Schmidt erworben. 79 % Steigung. Vom 1953er Jahrgang wurde zur Krönung der Queen ein Wein geliefert. Sehr dunkelwürziges Bouquet mit Sponti-Noten, Minze und reifer Zitrus. Ungemein straff und würzig, selten einen so drahtigen, fast schon athletischen Hipping trocken im Glas gehabt.
Trinkempfehlung: 2026 – 2033
Bewertung: 18+/20
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Weingut Keller / Westhofener Silvaner 2021 Silvaner Deutschland / Rheinhessen
Liegt unterhalb der Abtserde: Ausbau im 2.200-Liter- Holzfass. Kräutriges Bouquet mit heller Frucht. Im Mund schmelzig, konzentriert, sehr noble Art, saftige Tiefe, ernsthaft, salzig verwobenes Finish. Dieser Silvaner hat schon Format.
Trinkempfehlung: 2023 – 2030
Bewertung: 17.5+/20
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Weingut Keller / Sylvaner «Feuervogel» 2021 Silvaner Deutschland / Rheinhessen
Das ist in diesem Jahr nicht ganz so wild wie 2019, aber immer noch ein Wein sui generis, ein Mix aus Chardonnay und Riesling mit feiner Reduktion. Mineralisch-steiniger Duft mit fokussierter Kräuterwürze, weißer Pfeffer, sehr stringenter Zug mit zarter Frucht und viel Kräuterwürze.
Trinkempfehlung: 2023 – 2034
Bewertung: 18+-18.5/20
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Weingut Keller / Schubertslay Kabinett Alte Reben (Versteigerungswein) 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
Der Kabinett aus den 60 Jahre alten Reben zeigt sich im Duft extrem kristallin mit zart-schiefriger Mineralik und frisch geschältem Kern- und Steinobst, Touch Zitrusblüten. Im Mund wie am Seil ge- zogen, dabei sehr detailliert und austariert, wunderbar ausbalanciert mit dem Trinkfluss und der Animation eines großen Textbook- Kabinetts. Wurde für sensationelle 1.200€ versteigert (0,75l).
Trinkempfehlung: 2027 – 2040
Bewertung: 19+/20
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Weingut Keller / Pettenthal Kabinett (Versteigerungswein) 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
Im Duft nicht ganz so wild wie im Vorjahr. Ganz elegante, feine Art, dabei ist er wieder kristallklar wie ein Bergsee, herrlich hellstrahlig mit weißen Früchten, Kräutern wie Minze und Weißdorn. Auch dieser «Kabi» ist wie an der Schnur gezogen, konzentriert und doch tänzerisch, dabei straff gewoben, mit seidiger Textur und einer durchdringenden, feinstrahligen Säure, die den feingliedrig konzentrierten Körper fest umspannt bis ins salzige Finale. Der «Bad Guy» unter den Kabinett-Ballerinen.
Trinkempfehlung: 2027 – 2040
Bewertung: 19/20
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Weingut Keller / G-Max Riesling 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
Direkt nach der fast rebellischen Abtserde wirkt der G-Max wie ein gelassener Nobelmann. Sehr kühles, fast verschlossenes Bouquet, edles Holz, gelbkalkige Ader und Würze, heller Tabak, ein Touch Canteloupe-Melone, nicht ganz so wild wie im Vorjahr. Im Mund sehr ausgewogen, ungemein detailliert arrangiert, dabei enorm dicht und eindringlich, engmaschig und elegant konturiert, ultra ziselierte, pikante und doch noble Säurestruktur, wunderbarer Zug und Länge. Wirkt ernster und nobler als die Abtserde.
Trinkempfehlung: 2028 – 2040
Bewertung: 19+/20
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Weingut Keller / Westhofener Abtserde Riesling GG 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
2,4 Hektar. Mon Dieu – ist das wieder ein unfassbarer Rohdiamant, der gerade so vor Energie und Transzendenz strotzt. Ungemein tiefgestaffeltes, kühl und straff gewobenes Bouquet mit geriebenen Kalksteinen, Williamsbirne und elektrisierender Zitrusfrucht, ungemein pur, fokussiert und kristallin, dabei enorm aromatisch. Im Mund extrem verdichtete Konzentration, dabei aber messerscharf konturiert, sehr elegant, tief und verspielt, irre energetisch und zupackend, zischt wie ein Pfeil durch den Gaumen und zündet im Finale ein regelrechtes retronasales Feuerwerk. Was für ein elektrisierender Riesling! Mit FINAL der Wein des Jahres.
Trinkempfehlung: 2025 – 2040
Bewertung: 19.5/20
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Weingut Keller / Niersteiner Pettenthal Riesling GG 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
Sehr edles, tiefes, würzig-mineralisches Bouquet mit rauchigen Noten und einer kühlen, noblen Art, das man sich nach und nach erarbeiten muss. Im Mund konzentriert, wieder sehr nobel mit selbstbewusstem Auftritt, dabei aber balanciert und ausgewogen, umrahmt von Phenolik und (rot-)schiefriger Würze, deutlich verschlossener und karger als Hipping, aber mit einem riesigen Potenzial.
Trinkempfehlung: 2027 – 2038
Bewertung: 19+/20
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Weingut Keller / Westhofener Morstein Riesling GG 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
1 Hektar. Von den ältesten Reben im Morstein, Ausbau im Moselfuderfass und Edelstahl. Blauer Ton. Der Morstein wird zurecht als der zurückhaltendste Riesling in Kellers Kollektion beschrieben: Das ist im kühlen Jahr 2021 sogar noch akzentuierter: Noble Ausstrahlung mit kühler, verschlossener und rauchig- kalkiger Art. Im Mund deutlich vom Kalkstein geprägt, die schweren Tonböden geben hier regelmäßig Substanz und Power, bleibt trotz der Dichte engmaschig und präzise verwoben, hallt lange nach mit erdigen und kräuterwürzigen Noten. Mindestens 6–8 Jahre liegen lassen.
Trinkempfehlung: 2028 – 2040
Bewertung: 18.5+/20
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Weingut Keller / Westhofener Kirchspiel Riesling GG 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
1964 gepflanzt. Schon im Duft extrem mineralisch und kühl mit verspielter Frucht, Minze und Waldmeister. Ungemein animierend, wie so oft einer der Weine, in die man sich sofort verliebt. Im Mund mit großem Spannungsbogen, irre animierend und voller Energie. Wunderbar verspielt und unbekümmert tänzerisch. Der Frühlingshafte unter den Keller‘schen GGs.
Trinkempfehlung: 2025 – 2038
Bewertung: 18+/20
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Weingut Keller / Dalsheimer Oberer Hubacker Riesling GG 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
4,2 Hektar. Befindet sich seit 1789 im Familienbesitz. 1921 wurde der Obere Hubacker erstmals gefüllt. Durch das unsägliche 1971er Weingesetz verloren (fast) alle Lagen unter 5 ha ihren Namen und wurden ausgeweitet. Der Hubacker auf 28 ha. 2021 wurde der "Obere Hubacker" auf seine ursprünglichen 4 ha zurückgeführt. Tief, männlich mit ätherischen Noten, grandiose Entwicklung im Glas, ungemein aromatisch und facettenreich mit Tabak und gelbwürzigen Noten. Dicht und fest, mit burgundischem Antlitz, dabei charaktervoll mit salziger Linie, sehr territorial und eigenständig.
Trinkempfehlung: 2026 – 2040
Bewertung: 18.5/20
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Weingut Keller / Riesling „Von der Fels“ 2021 Riesling Deutschland / Rheinhessen
40 hl/ha. Sehr eleganter, stilvoller Duft mit charmanter Frucht und hellen Blüten. Am Gaumen mit feiner, salzig unterlegter Rieslingfrucht, zart cremige Umrahmung mit würzigen Noten, helles Steinobst, straff gewoben, salzig und rassige Pikanz im Finale, aber deutlich zugänglicher als 2017.
Trinkempfehlung: 2023 – 2033
Bewertung: 17+/20
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Weingut Keller / Spätburgunder Reserve du Fils (aus dem Zellerweg am Schwarzer Herrgott) 2020 Spätburgunder Deutschland / Rheinhessen
8.000 Pflanzen pro Hektar. Irgendwann soll es in Richtung 17.000 Stöcke pro Hektar gehen. 15 hl. Ertrag. Steiniger, karger Boden: Eisen, blauer Ton mit blauen Adern. Reduktives Bouquet mit kühlen Cassis- und Brombeernoten, konzentriert und schwebend, sehr noble Art, dabei ganz entspannt, zieht im Mund nach hinten ziemlich durch mit pfeffrig-pikanten Noten, die Klaus Peter auf den hohen Anteil an Ganztrauben (100 %) zurückführt. Sehr finessenreich mit deutlichem Tanninzug im Finale.
Trinkempfehlung: 2026 – 2035
Bewertung: 18+-18.5/20
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Weingut Keller / Niederflörsheimer Frauenberg Spätburgunder GG 2019 Spätburgunder Deutschland / Rheinhessen
Ausbau in Zweit- und Drittbelegung. Rund 25 Jahre alte Reben. Selektion von Frederic Mugnier. Wirkt auch in diesem Jahr deutlich fruchtbetonter, aber mit etwas hellerer Frucht, Himbeere, Sauerkirsche und rote Johannisbeeren, auch deutlich mineralischer mit etwas Salz und feiner Terroir- Würze. Saftiger Gaumen, deutlich mineralischer ausgeprägt als im Vorjahr, dennoch verspielt und fein gewoben, ätherische Würze mit an wilde Himbeeren erinnernden Noten, salzig anmutendes Finish.
Trinkempfehlung: 2025 – 2035
Bewertung: 18+/20